Die Wagenkämpferinnen | Forum - Das Wochenmagazin (2025)

Nach der Schwangerschaft fühlen sich viele Frauen nicht mehr wohl in ihrem Körper. Sie wollen Sport treiben, doch Angebote für junge Mütter mit Kind sind rar. Eine Ausnahme ist der Anbieter Laufmamalauf. Dort macht man Frauen fit für den wichtigsten Job auf der Welt: Mama sein.


Eigentlich ist die Übung ja gar nicht so schwer, doch für ­Juliane wird sie an diesem Vormittag zu einer Herausforderung. Denn während die Berlinerin versucht, auf einem Bein die Balance zu halten, muss sie nebenbei auch noch am Kinderwagen rütteln, damit ihre acht Monate alte Tochter Melissa nicht anfängt zu weinen. Sport unter erschwerten Bedingungen. Doch aus dem Wagen kommt zustimmendes Jauchzen. Gut gemacht, Mama!


Willkommen bei Laufmamalauf, einem der größten Anbieter von Outdoor-Fitness für Mütter in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Als die beiden Freundinnen Katja Ohly-Nauber und Illdiko Gössl das Projekt vor sechs Jahren aus der Taufe hoben, merkten sie schnell, dass sie damit genau den Nerv der modernen Mütter getroffen hatten. Das Interesse war derart groß, dass nach nur einem Artikel in der Lokalpresse auf Anhieb 150 Mütter auf der Warteliste standen. „Wir haben uns gefragt, wo zwischen Babyschwimmen, Pekip und Babymassage eigentlich die Angebote für die Mütter sind. Da gab es nichts, deshalb haben wir einfach selbst etwas auf die Beine gestellt“, erinnert sich Illdiko Gössl. „Der Bedarf ist da und die Mamas sind begeistert über die Möglichkeit, endlich gemeinsam mit ihrem Baby etwas für sich selbst zu tun und sich dabei mit Gleichgesinnten austauschen zu können“, sagt sie.

„Der Bedarf ist da, die Mamas sind begeistert“

Was 2010 in drei Berliner Parks startete, hat sich mittlerweile zu einer flächendeckenden Fitness-Bewegung entwickelt, mit Kursen an über 350 Standorten. Neue Partnerinnen werden aber weiterhin gesucht, die ebenfalls Kurse von Laufmamalauf anbieten wollen. Das Ganze funktioniere wie ein Franchise-System, erklärt Sprecherin Kim Küntzlin. Voraussetzung für die Leitung eines Kurses ist eine Fitnesstrainer-B-Lizenz oder eine vergleichbare Qualifikation als Sportlehrer, Fitnesscoach oder Physiotherapeut. „Und selbst Mama zu sein, ist sicherlich auch von Vorteil“, sagt Kim Küntzlin.

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Auch Janika Weyer, die an diesem Herbsttag in Berlin den Kurs leitet, hat selbst drei Kinder. Ihre jüngste Tochter Amalia ist gerade acht Monate alt geworden. Weyer hat deshalb extra Spielzeug eingepackt für den Fall, dass den Kleinen während der Sportstunde einmal langweilig wird. Darauf müsse man vorbereitet sein, sagt sie. Auch sonst ist es kein alltäglicher Fitnesskurs: „Wir machen hier kein klassisches Work-out, sondern ein spezifisches Training für junge Mütter“, sagt Janika Weyer. Ein Mix aus Kräftigungs- und Koordinationsübungen, Stretching und Cardio-Training. Mit viel Bauch, Rücken und Beckenboden, aber nur kurzen Power-Walking- beziehungsweise Laufeinheiten. „Lange Läufe kommen für sie noch zu früh“, erklärt die Trainerin. Auch spezielle Rückbildungsübungen stehen auf dem Programm.


50 Prozent der Frauen, die sich für Laufmamalauf entscheiden, wollten nach ihrer Schwangerschaft abnehmen und sich in ihrem Körper endlich wieder wohlfühlen, sagt Janika Weyer. Für die anderen 50 Prozent zähle vor allem der Kontakt zu Gleichgesinnten. „Das ist aber in jedem klassischen Fitnessstudio auch nicht viel anders“, meint sie. Laufmamalauf bietet den jungen Müttern eine soziale Plattform, das gemeinsame Kaffeetrinken nach dem Sport ist fester Kursbestandteil. „Es ist schön, sich bei dieser Gelegenheit mit anderen Müttern auszutauschen“, sagt Melanie. Und auch für die Kinder sei der Kurs eine schöne Erfahrung, ergänzt Kim Küntzlin, weil sie andere Babys treffen und somit schon vor der Kita erste Kontakte knüpfen können. Außerdem lernen sie so schon in jungen Jahren wie viel Spaß Bewegung machen kann – eine gute Voraussetzung, um später ebenfalls Sport zu treiben.


Bevor sie zu Laufmamalauf kam, hatte sich Melanie auch in einem normalen Fitnessstudio nach Kursen erkundigt. Ihr Kind nahm sie mit. Die Reaktion: „Hauptsache, es schreit nicht.“ Daran stört sich bei Laufmamalauf niemand. Wenn ein Kind quengelt und in die Trage genommen werden muss, dann wird die Übung eben angepasst. An einigen Standorten gibt es sogar Kurse, bei denen die Kleinen grundsätzlich in das Work-out einbezogen werden. Durch die mitwachsenden „Zusatzgewichte“ werden die Mütter ordentlich gefordert.


Der beliebteste Kurs bleibt aber der Kinderwagenkurs, der auch im Winter an der frischen Luft stattfindet. „Mit den Kleinen muss man ja sowieso raus – warum also nicht gleich noch etwas für die eigene Fitness tun“, meint Kim Küntzlin. In der kalten Jahreszeit werden zusätzlich Fitnesskurse in Einkaufszentren angeboten – vor der Ladenöffnungszeit, also ohne Zuschauer. Sie enden pünktlich, wenn die Cafés und Geschäfte öffnen. So lassen sich Sport und Shoppen hervorragend verbinden.


Auch Laufgruppen, Trainings für Mütter ohne Kind sowie spezielle Work-­outs für Schwangere stehen im Kursprogramm, ebenso wie Workout- und Wellness-Wochenenden an der Ostsee oder am Bodensee und ein fünftägiges Bikini-Bootcamp auf Sardinien mit bis zu drei Sporteinheiten am Tag. „Durch den Schlamm kriechen und drillartig Liegestütze machen muss dabei zwar niemand, doch eine gewisse Grundfitness sollte man schon mitbringen“, sagt Kim Küntzlin. Sie erklärt, worum es geht: „Beim Bikini-Bootcamp kann man die gewohnte Umgebung und alltäglichen Sichtweisen für einen Moment verlassen und sich die Zeit nehmen, auch mal zu reflektieren und sich selbst etwas Gutes zu tun – ohne Kind(er) und Kegel. Es wird viel Sport gemacht, reichlich gelacht, viel gesehen und noch mehr erlebt. Wenn 20 fantastische Frauen eine gemeinsame Reise tun, dann kann es nur großartig werden“, so Küntzlin. Entsprechend groß ist die Nachfrage: In den vergangenen Jahren gab es so viele Anmeldungen, dass mittlerweile sogar zwei Camps angeboten werden, jeweils im Mai. Ziel aller Kurse ist es laut Gründerin Katja Ohly-Nauber, „dass die Mütter fit sind, um den wichtigsten Job in der Welt gut zu machen: Mama sein.“

Es gibt auch Angebote für Väter

Und die Väter? Für die gibt es mehrmals im Jahr spezielle Laufpapalauf-Aktionen, bei denen sie die Kursstunden ihrer Partnerinnen einmal nachempfinden können. Wer diese bis dahin noch belächelte, merkt dann ganz schnell, wie anstrengend das wirklich ist. Erst recht, wenn die Tochter nebenbei beschäftigt werden will.

Infos über Kurse in ganz Deutschland:
www.laufmamalauf.de

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Author: Lilliana Bartoletti

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